IG Metall Koblenz fordert eine Politik für die Menschen: Erhalt der Arbeitsplätze durch eine aktive Industriepolitik, bezahlbaren Wohnraum und faire Renten

Ortsvorstand der IG Metall Koblenz fordert die Politik zu Kurskorrekturen auf

26.04.2024 | Angesichts der sich eintrübenden wirtschaftliche Lage und den bevorstehenden Europa- und Kommunalwahlen sowie der aktuellen Politik der Bundesregierung fordert der Ortsvorstand der IG Metall Koblenz sofortige Kurskorrekturen zu einer Politik für die Menschen.

Das be­deute eine aktive Industriepolitik für den Erhalt der Industriearbeitsplätze in Deutsch­land sowie die Adressierung der drängendsten sozialen Probleme, wie die Schaffung be­zahlbaren Wohnraums und Sicherung fairer Renten. Die Arbeitgeber fordert die IG Metall auf, den Beschäftigten über Zukunftstarifverträge sichere Perspektiven zu bieten.

„Zukunftsfragen mit Mut und Energie anpacken – das machen wir in den Betrieben. Allein in unserer Region haben wir in den letzten Jahren vier Zukunfts­tarifverträge abgeschlos­sen, die rund 4500 Beschäftigten eine Zukunftsperspektive geben.“, so Ali Yener, Erster Bevollmäch­tigter der IG Metall Koblenz. „An dem Thema Zukunftstarif­verträge arbeiten wir weiter und fordern von den Arbeitgebern mit diesem Instrument gemeinsam für Sicherheit im Wandel zu sorgen. Wir erwarten Mut und Energie aber auch von der Politik, denn wir brauchen die politischen Rahmen­bedingun­gen, um vor Ort gestalten zu können. Auch wenn die Lage aktuell in vielerlei Hinsicht heraus­fordernd ist, muss die Politik den Blick für die Menschen bewahren. Macht die Politik in gleicher Weise weiter, droht uns in Deutschland eine Deindustrialisierung und Spaltung der Gesellschaft, die enorme Auswirkungen auf den Wohlstand und den sozialen Frieden in Deutschland hätte.“ so Ali Yener weiter.
Aufgrund der aktuellen konjunkturellen Lage stehen einige Betriebe im Koblenzer Raum vor der Kurzarbeit bzw. mussten schon Schließtage vereinbaren. Ein Betrieb hat wegen fehlender Wettbewerbsfähigkeit die Schließung seines Werks verkündet, womit 164 Beschäftigte ihre Beschäftigung verlieren.
In seiner konstituierenden Sitzung am 23. April fordert der Ortsvorstand der IG Metall Koblenz daher sofortige Kurskorrekturen in der Politik.

Aktive Industriepolitik und Brückenstrompreis für den Erhalt der Arbeitsplätze

Zentral dabei sei eine aktive Industriepolitik, die die Zukunft der Industrie in Deutschland sichere und Investitionen in den Industriestandort Deutschland sichere. Ein Beispiel dafür ist die energieintensive Industrie, für die die IG Metall bereits seit einem Jahr nachdrücklich die Einführung eines Brückenstrompreises fordert. „Als Hersteller von Aluminiumprodukten sind wir direkt betroffen.“ so Denis Hammer, Betriebsratsvorsitzender von Novelis Koblenz und Mitglied des Ortsvorstands der IG Metall Koblenz. „Novelis Koblenz hat einen Energieverbrauch vergleichbar einer ganzen Stadt. Dieser ist im Produktionsverfahren kaum zu reduzieren, gleichzeitig sind unsere Produkte für eine energieeffiziente Zukunft dringend nötig. Da Aluminium äußerst leicht und stabil ist, spart es im Einsatz in vielen Anwendungsgebieten massiv Energie, sei es in der Luft- und Raum­fahrt genauso wie im Automobilbau.“, so Denis Hammer weiter. „Aufgrund der fehlenden Entlastungen von Seiten der Politik sehen wir, dass wichtige Investitionsentscheidungen bereits für ausländische Standorte fallen, wie in unserem Beispiel für die USA, die mit Subventionen und einem deutlich niedrigeren Energiepreis lockt.“

Laut einer aktuellen Umfrage der IG Metall im Februar/März 2024 in 2596 Betrieben geben rund die Hälfte (47 %) der Betriebsräte an, dass die erfolgten Entlastungen beim Strompreis für ihr Unternehmen nicht ausreichend waren. Mehr als die Hälfte (53 %) der Betriebsräte geben an, dass der Aufbau neuer Geschäftsfelder bereits jetzt oder absehbar zukünftig im Ausland erfolge.

Bezahlbarer Wohnraum als eines der drängendsten sozialen Probleme

Neben einer Politik für den Erhalt der Industrie fordert die IG Metall Koblenz, dass die wichtigsten sozialen Probleme der Gesellschaft mit einem Sofortprogramm der Politik angegangen werden.
„Eines der drängendsten sozialen Probleme ist die Frage des bezahlbaren Wohnraums.“ so Thomas Anhuth, Betriebsratsvorsitzender der BOMAG in Boppard und ehrenamtlicher zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Koblenz. „Die aktuellen Maßnahmen reichen hier bei weitem nicht aus. Ob in der Stadt oder auf dem Land machen den Menschen die explodierenden Preise für Wohnraum und Energie zu schaffen. Das hat auch für die Betriebe Auswirkungen bei der Fachkräftegewinnung. Das Problem des Wohnungsmangels drückt sich aber auch in zunehmenden sozialen Span­nun­gen und einer Konkurrenz verschiedener Gruppen auf dem Wohnungsmarkt aus, z.B. in Anfeindungen gegenüber Zuwanderern, die ebenfalls Wohnraum benötigen.“ 

Ursächlich ist die Verunsicherung in der Gesellschaft und den Belegschaften durch die hohe Inflation, insbesondere die in den vergangenen beiden Jahren, die besonders die unteren Einkommensgruppen stark getroffen hat, begründet. Darüber hinaus werden in Deutschland die Arbeitseinkommen besonders stark durch Steuern und Sozialabgaben belastet. Laut einer aktuellen Studie der Industrieländerorganisation OECD liegt Deutschland auf Platz zwei von 38 untersuchten Staaten. Nur in Belgien muss ein Durchschnittsverdiener noch höhere Steuern und Sozialabgaben zahlen als hierzulande, so Thomas Anhuth weiter. 
   
Mit Blick auf die kommen­den Europa- und Kommunalwahlen sei eine Politik, die sich um die Sorgen und Nöte der Menschen kümmert, die einzige vernünftige Option, um rechten Parolen und rechtsextremer Unterwan­derung der Politik entgegenzuwirken.

Faire Rente nach einem langen Arbeitsleben muss möglich sein

„Ein zweites wichtiges soziales Thema gerade für die Schichtarbeiter in unseren Betrieben ist die Sicherstellung einer fairen und Lebensstandard sichernden Rente. Nach 45 Jahren harter Arbeit, oft in Schicht oder unter immer höherer Arbeitslast, können unsere Kolleginnen und Kollegen nicht mehr.“ so Thomas Anhuth weiter.  „Nun, wie die FDP das tut, eine Abschaffung der Rente für besonders lang­jährig Versicherte zu fordern, ist für Beschäftigten eine Provokation.
Sie verhindert nicht, dass die Beschäftigten krank und ausgebrannt sind, sondern nimmt in Kauf, dass sie nach 45 oder mehr Jahren harte Arbeit weitere Renten­abschläge hinnehmen müssen.
Nötig sind im Gegenteil flexible Renten­möglichkeiten ohne Rentenkürzung, eine Sicherung eines würdigen Renten­niveaus für alle und altersgerechte Arbeitsplätze, die neben dem Arbei­ten bis zur Rente Gesundheit und Lebensqualität in der Rente sichern.“

Finanzierung einer Politik für den Industriestandort und die Menschen

„Anders als manche Parteien schweigen wir nicht darüber, dass eine aktive Industrie­politik und soziale Rahmenbedingungen finanziert werden müssen.“ so Ali Yener. „Als IG Metall setzen wir uns für ein faireres Steuersystem ein, das untere und mittlere Einkommen entlastet und Reiche zur Kasse bittet. Angesichts einer Schuldenquote Deutschlands, die nur einen Bruchteil der Schuldenquote anderer großer Industrie­nationen beträgt, ist außerdem das ideologische Festhalten an der Schuldenbremse absolut unverständlich. Investitionen für die Zukunft sind jetzt nötig, bevor der Zug dafür abgefahren ist. Wenn wir jetzt nicht handeln, wird uns das zukünftig teuer zu stehen kommen. Alle Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch auf gute öffentliche Angebote. Eine marode öffentliche Infrastruktur, chronisch verspätete Züge, fehlende ÖPNV-Verbindungen wollen wir nicht hinnehmen! Investitionen in Kitas, Schulen, Universitäten, Krankenhäuser und Pflegeheime, Sportplätze und Jugendzentren – das alles sind Zukunftsinvestitionen, die wir jetzt brauchen.“

Zum Hintergrund: Der Ortsvorstand der IG Metall Koblenz

Der Ortsvorstand der IG Metall Koblenz wird alle vier Jahre neu gewählt. Er besteht aus dem hauptamtlichen Ersten und ehrenamtlichen Zweiten Bevollmächtigten, sowie 11 ehrenamtlichen Beisitzern. Damit wird die Struktur der Branchen und Betriebe der Region abgebildet. Für die Amtszeit 2024-2027 besteht der Ortsvorstand aus dem Ersten Bevollmächtigten Ali Yener, dem Zweiten Bevollmächtigter Thomas Anhuth, Betriebsratsvorsitzender der BOMAG in Boppard, sowie den Beisitzern Hubert Bonk (Trivium Weißenthurm), Michael Christ (Möbelwerke Mastershausen), Diana Foit (Kalzip Koblenz), Denis Hammer (Novelis Koblenz), Oliver Kisters (Stabilus Koblenz), Marco Lohmeier (Deutz Herschbach), Claus Poppenberg (Daimler Truck Koblenz), Jürgen Redert (Eaton Holzhausen/ Dausenau), Sofia Schreiner (ZF Koblenz), Marko Seibel (Ecobat Resources Braubach), Erdal Tahta (ZF Koblenz).

Der Ortsvorstand tagt ca. alle sechs Wochen. Er lenkt die inhaltliche Ausrichtung der Geschäftsstelle und trifft personelle und finanzielle Entscheidungen.

Von: ek

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